Anne Frank – Ein Bündelchen Widerspruch

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Von Dagmar Kübler

Anne Frank steht heute symbolisch für Millionen von Menschen, die aufgrund der rassistischen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten ihr Leben verloren. Durch ihr Tagebuch, das sie 1942 bis 1944 führte, wurde sie weltberühmt. Ihr Vater Otto, der als einziger der acht untergetauchten Juden in der Prinsengracht 263 in Amsterdam überlebte, veröffentlichte ihre Aufzeichnungen als Buch 1947.

Anne Frank wird am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. 1933/34 emigriert die Familie nach Amsterdam. Anne und ihre Schwester Margot gehen dort zur Schule, doch Mitte 1942 wird die Gefahr der Verhaftung so groß, dass die Familie untertaucht und sich im Hinterhaus der Prinsengracht 263 versteckt. Später kommen weitere Juden dazu. Anne beschreibt den Mikrokosmos, der dort zwei Jahre lang besteht, mit unbestechlicher Genauigkeit. Ihre Beobachtungsgabe, ihr reger Geist und ihre unbändige Lust am Schreiben ziehen jeden Leser unweigerlich hinein ins Leben auf engstem Raum. „Liebe Kitty!“ beginnt fast jede Eintragung – so nennt Anne ihr Tagebuch; mit „Deine Anne (später mit dem Zusatz M. Frank)“ endet sie. Anne berichtet freimütig über Streitigkeiten unter den Erwachsenen und deren Befindlichkeiten, verstopfte Toiletten und angefaulte Kartoffeln.

 

Über politische Ereignisse, das erste Verliebtsein, den Hass auf ihre Mutter, Dispute mit dem Vater, ihre Lebenspläne und Freude darauf, bald wieder die Schulbank zu drücken. Trotz des Eingesperrtseins schäumen ihre Zeilen zumeist vor Lebensfreude, und sie ist voller Dankbarkeit, trotz ihrer misslichen Umstände, dass sie nicht das Schicksal so vieler deportierter Juden teilen muss. „Ich werde, hoffe ich, dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemand gekonnt habe, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein“, so lautet ihr erster Satz im neuen Tagebuch am 12.6.1942. Im letzten am 1.8.1944 erklärt sie ihren Ruf als „ein Bündelchen Widerspruch“ – die ernste und die fröhliche Anne.

 

Das Versteck wird verraten, die Bewohner am 4.8.1944 verhaftet. Über verschiedene Stationen gelangen Anne und Margot ins KZ Bergen-Belsen und sterben dort im Februar/März 1945 an Thyphus. Zwei junge Menschen, die noch so viel in ihrem Leben vorhatten, die nicht leben durften, weil Rassisten die Gleichheit aller Menschen mit Füßen traten. Von den insgesamt 107.000 aus den Niederlanden deportierten Juden überleben nur etwa 5.000 die deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager. Gerade in Zeiten, in denen rechtes Gedankengut wieder lautstark propagiert wird, gewinnt auch Anne Franks Tagebuch an Brisanz. Es zu lesen, sei jedem, egal ob jung oder alt, ans Herz gelegt.

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