Bedürftigkeit, Hoffnung, Identität

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Arman Asatryan – ein armenischer Maler

von Dagmar Kübler

 

Bedürftigkeit, Hoffnung und Identität sind die großen Themen, die den armenischen Künstler Arman Asatryan, 25, beschäftigten. Seine Werke konnte man während der Ausstellung „Mensch, du hast Recht(e)!“ in der Säulenhalle in Landsberg besichtigen.

 

 

Bedürftigkeit, Hoffnung und Identität – drei abstrakte Begriffe, für die es eigene, tiefgehende Erfahrungen braucht, um sie zeichnerisch so umzusetzen, wie es Arman gelungen ist. Seine Bilder sind wie Entwicklungsstufen, wie ein Werdegang eines jungen Menschen, beginnend ohne „Ich“, ein Suchender, Irrender, manchmal auch Verzweifelnder. Doch sind die Bilder nie in Trostlosigkeit verharrend, stets schwebt die Hoffnung zwischen den Linien oder in den Farben. Ein junger Männerkörper, dessen Unterleib zerbröckelt. Ein Gesicht, eine Hälfte klar, die andere sich in pastelligen Farbtönen auflösend. Ein Gesicht voller Rosen, vor rosa Hintergrund. Ein Gesicht mit weinendem Auge, hoffnungsvoll steigen goldene Blasen auf. Ein Totenkopf mit exakt frisierten Haaren – und Lorbeerkranz. Ein leeres Gesicht. Bilder, die, so mutmaßt man nach einem Gespräch mit dem jungen Maler, auf seine frühen Jahre zurückgehen. Damals lebte er noch in Armenien, entdeckte seine Homosexualität, erlebte viel Diskriminierung in der Schule.

 

Seit 3,5 Jahre lebt er nun in Augsburg. Als Sprachstudent kam er – nach seinem Studium der Innenarchitektur in Armenien – mit einem Studentenvisum und folgte damit seinem Bruder, der schon seit sechs Jahren in Deutschland lebt. Seitdem hat er Heimweh nach seiner Heimat. Ein Bild zeigt seine Gefühle: Da umarmt ein junger Mann voller Zärtlichkeit mit geschlossenen Augen Symbole der armenischen Heimat – den Berg Ararat, einen See, Bäume. Seit 1,5 Jahren macht Arman eine Ausbildung zum Produktgestalter im Textilbereich. Um die Berufsschule zu besuchen, muss er bis Plauen fahren. Die Zeit nutzt Arman, der seit seinem dritten Lebensjahr leidenschaftlich gern zeichnet – natürlich zum Zeichnen. Selbst im ratternden Zug schafft er es, mit dem Fineliner exakt feine Punkte zu setzen oder Linien zu ziehen – Strukturen, die oft in seinen grafisch anmutenden Bildern zu finden sind.

 

Projekt Randerscheinungen in der Säulenhalle: Perfomance und Ausstellung zusammen mit der Bildungsstätte Anne Frank.

 

Wer Arman begegnet, erlebt zuerst einen zurückhaltenden, höflichen, schmalen jungen Mann mit dunklen Haaren und dunklen Augen. Doch mehr und mehr beginnen diese zu funkeln, wenn er erzählt, und seine lebhafte Art bricht durch. Homosexualität sei schwierig in Armenien, sagt er. Wohl gäbe es keine Strafen darauf, aber sie sei gesellschaftlich nicht akzeptiert. Offen gelebte Homosexualität ist daher selten, aber die Menschen kämpften für ihre Freiheit, so Arman. Seine Devise: Sei wie du bist und mach, was dich glücklich macht! Doch einfach ist das auch in Deutschland nicht immer für ihn. Noch immer spielt er „Verstecken“. Bruder und Mutter wissen inzwischen Bescheid über seine Homosexualität. Der Bruder akzeptiert es, die Mutter kann es nach wie vor nicht verstehen. Aber weil er „ihr Junge ist“, versucht sie, es zu akzeptieren. Der Vater darf es nicht erfahren. „Die ältere Generation will nichts von Homosexualität wissen. Für sie ist es wichtig, gesellschaftskonform zu sein“, weiß Arman. In der Gesellschaft soll auf keinen Preis schlecht über die Familie geredet werden. Das gute Ansehen bei den Nachbarn ist wichtig. So leben viele nach der Devise: Klar gibt es Schwule, aber doch nicht in meiner Familie!

 

Für Arman ist die Ausstellung in der Säulenhalle die erste große Möglichkeit, seine Werke zu zeigen. „Ich bin froh, Maximilian Huber und das Team von Projekt Randerscheinungen kennengelernt zu haben. Sie haben mir die Gelegenheit gegeben, hier in Landsberg auszustellen“, freut sich Arman.

 

 

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